Band 69: Ionisierende Strahlung und Leukämieerkrankungen von Kindern und Jugendlichen
Beschreibung
(Überarbeitung des SSK-Bands 29)
Es gibt Studien, die auf einen Zusammenhang von Leukämie im Kindesalter und der Nähe des Wohnorts zum nächsten Kernkraftwerk hinweisen. Abschätzungen und Messungen von Strahlendosen in der Umgebung dieser Anlagen zeigen jedoch, dass die Dosen um Größenordnungen zu niedrig sind, um die in einigen Fällen beobachteten Erhöhungen zu erklären. Hinzu kommt, dass zumindest manche Untersuchungen fanden, dass auch an Planungsstandorten und an Kernkraftwerksstandorten vor Aufnahme des Betriebes erhöhte Leukämiehäufigkeiten bei Kindern auftraten. Dies spricht dafür, dass in diesen Fällen andere Faktoren als die ionisierende Strahlung bedeutsam sind.
Die Stellungnahme der Strahlenschutzkommission (SSK) und die wissenschaftliche Begründung stellen den Stand der Wissenschaft zum Auftreten von Leukämien im Kindesalter auf den Gebieten der Molekularbiologie, der Immunologie, der Risikofaktoren und der Epidemiologie sowohl allgemein als auch speziell für die ionisierende Strahlung dar. Sie ersetzt den SSK-Band 29 „Ionisierende Strahlung und Leukämieerkrankungen von Kindern und Jugendlichen, der 1994 erschienen ist.
Die SSK hält fest, dass bei der Interpretation der vorliegenden Daten zurzeit die größte Schwierigkeit darin besteht, dass die Mechanismen unbekannt sind, die für die Auslösung und die Entwicklung einer Leukämie im Kindesalter verantwortlich sind. Es zeichnet sich allerdings ab, dass Leukämien, ähnlich wie dies für solide Tumoren gilt, über einen Mehrschritt-Mechanismus entstehen, wobei nicht jeder der Schritte durch dasselbe Agens verursacht werden muss. Das bedeutet, dass es sich bei der Leukämie-Entstehung mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein multifaktorielles Geschehen handelt. Dies erschwert epidemiologische Untersuchungen, da die Beiträge der einzelnen Faktoren gering sein können und erst die Summe aller Faktoren zur Leukämie führt. Vieles spricht dafür, dass zumindest der erste Schritt auf dem Weg zu einer Leukämie, insbesondere bei Kindern unter 5 Jahren, bereits während der Schwangerschaft erfolgen kann.